Was für ein frustrierender Abend!, denke ich. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, noch irgendetwas Produktives zu machen. Etwas für meinen Blog oder Sport oder diese eine E-Mail, die ich schon längst hätte schreiben müssen. Stattdessen komme ich später nach Hause als gedacht und kämpfe eine geschlagene Stunde gegen den Laptop an, der sich nicht aufladen lässt, weil alle Kabel nicht funktionieren. Jetzt liegen hier drei verschiedene Kabel und Netzteile herum. Der Anblick macht mich ganz verrückt. Und nun ist es schon so spät, dass ich ins Bett muss, weil es morgen wieder früh los geht. Toll.
Zum Glück ist mein Mann für ein kleines Krisengespräch zu haben (und natürlich auch für die Lösung des Laptop-Kabel-Problems). Ich erzähle ihm, dass ich frustriert darüber bin, dass ich meine Vorhaben nicht einhalten kann. Heute geht es mir dabei um meinen Blog. (Aber die gleiche Problematik kann sich ebenso um andere Vorhaben in meinem Leben drehen – Setz hier einfach das ein
, was dich beschäftigt und manchmal stresst.) Vor einigen Monaten hatte ich mir fest vorgenommen, mindestens einmal in der Woche, am Donnerstag, etwas zu posten. Eine Zeit lang ist mir das sehr gut mit wenigen Ausnahmen gelungen. Ich hielt es für eine gute Idee, weil ich meinen Blog zu einer Priorität machen und eine gewisse Disziplin einkehren lassen wollte.
Nun ist es mir drei Wochen lang nicht gelungen, meine Donnerstags-Deadline einzuhalten. Ich ärgere mich über mich selbst und frage meinen Mann, ob es denn überhaupt Sinn macht, sich Vorhaben zu setzen. Wenn ich mit irgendeiner Sache voran kommen und mich weiterentwickeln möchte sind Vorhaben doch nötig, oder? Aber wenn ich sie nicht konsequent einhalten kann… was bringt das schon? Seine Antwort ist simpel und eigentlich logisch: „Vorhaben sind schon sinnvoll, aber es ist eben nicht so schlimm, wenn es mal nicht klappt.“ Und genau hier liegt mein Problem.
Ich scheine manchmal nicht die gesunde Mitte zu finden, sondern auf einer Seite des Pferdes herunterzufallen. (Hier habe ich bereits ein wenig darüber geschrieben.) Da ist die eine Seite, die produktive: Ich bin begeistert von etwas. Ich habe eine Idee. Ich lege los. Ich habe Spaß dabei und komme voran. In diesen Zeiten blühe ich auf und fühle mich so richtig lebendig. Meine Vorhaben sind ein wenig überambitioniert, aber das bemerke ich nicht. Doch dann kommt er plötzlich, der Einbruch: Aus irgendeinem Grund komme ich nicht so diszipliniert voran wie am Anfang. Vielleicht habe ich weniger Zeit oder ich fühle mich nicht so gut. Ich halte eine mir selbst gesetzte Deadline nicht ein oder bin nicht so schnell, wie ich es mir wünsche – und plötzlich steht alles still. Es gibt nicht nur eine kurze Pause, einen kleinen, verschmerzbaren Durchhänger. Ich bin so frustriert, dass ich die Sache komplett hinterfrage. Dann bleibt es beispielsweise nicht nur bei der einen Woche ohne Blogpost. Aus dem kleinen Inspirationsloch wird ein ganzes Gedankenkarusell: „Warum mache ich das eigentlich? Sind alle anderen nicht eh besser? Dieser Blogger postet doch auch jede Woche etwas! Ich muss dran bleiben, sonst kann ich gleich aufhören.“ Ich bin auf der anderen Seite des Pferdes heruntergefallen. Und die Inspiration für neue Ideen ist noch tiefer in den Keller gesunken. Diese gedankliche Barriere geschieht mir nicht nur beim Bloggen. Es sind immer mal andere Bereiche meines Lebens, in denen ich mich zu sehr unter Druck setze und nicht die gesunde Mitte finde.
Die große Frage ist: Warum mache ich das?
Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Klar, wenn ich ein wenig in der Vergangenheit wühlen würde, könnte ich vielleicht eine passable Antwort finden. Oder in diversen Persönlichkeitstest. Perfektionismus hat sicherlich eine Menge damit zu tun. Angst, zu versagen. Das Bestreben, Anerkennung zu finden durch das, was ich tue. Vergleiche mit anderen, die Ähnliches tun. Die Ungewissheit, ob ich mein Ziel jemals erreichen kann. Okay, vielleicht habe ich eine kleine Ahnung, warum… Auffällig ist auch, dass dieses Problem nur meine selbstgesetzten Ziele betrifft. In der Schule zum Beispiel habe ich gehorsam meine Soll’s erfüllt und kein Problem damit gehabt, Abgabetermine einzuhalten. Doch sobald ich mit dem Herzen bei einer Sache bin, steigt die Motivation ebenso wie die Versagensangst. Angst zeigt in diesem Fall, dass mir etwas wichtig ist. Die Frage, die also noch größer ist, lautet:
Was mache ich damit?
Was mache ich mit dieser Barriere, die ich mir regelmäßig selbst in den Weg stelle, obwohl ich ganz locker mit meinen Zielen und Vorhaben umgehen könnte? Wo ist sie, die gesunde Mitte: produktives Vorangehen ohne mich selbst unter Druck zu setzen und mich von meiner Versagensangst lähmen zu lassen?
Ich glaube, ich finde diese gesunde Mitte nicht in mir selbst, denn ich selbst stehe mir ja im Weg. Ich selbst bin es, die mich unter Druck setzt und mich mit anderen vergleicht. Das macht niemand anderer. Ja, ich kann meine Gedanken in gewisse Richtungen lenken und kontrollieren. Aber ehrlich gesagt: meine Gedanken gleichen manchmal einer ungezähmten Herde an Pferden, die wild durch die Gegend galoppiert…
Und das führt mich zu der Frage: Was genau bedeutet es, Gott zu vertrauen? Denn es ist schnell gesagt: „Ich vertraue darauf, dass Gott alles gut machen wird.“ Aber was bedeutet es, das zu leben? Da habe ich noch einiges zu lernen. Besonders dann, wenn ich mich zu sehr unter Druck setze. Vertraue ich wirklich in Gott, wenn ich in tiefe Frustration verfalle, nur weil ich es ein paar mal nicht geschafft habe, eine selbst gesetzte Deadline einzuhalten? Müsste dieses Vertrauen nicht auch beinhalten, dass ich daran glaube, dass Gott mich aus meiner Unproduktivität wieder herausholen kann? Nur weil ich unproduktiv bin bedeutet es nämlich nicht, dass ich das falsche Ziel verfolgt habe. Es bedeutet nicht, dass ich versagt habe und die Sache hinschmeißen kann. Gott ist nicht von meiner Menge an Inspiration abhängig. Darauf kann ich vertrauen.
Bedeutet dieses Vertrauen also
, dass ich Gott alles machen lasse und mich zurücklehne? Da ist er: Der Trugschluss. „Okay, Gott, ich sehe nun, dass ich das allein nicht gebacken kriege. Jetzt mach du mal und ich geb es erst einmal auf.“ Das ist kein Vertrauen. Denn dahinter steckte ein: „Ich habe keine Lust mehr. Ich habe Angst. Ich lasse es lieber gleich.“ Wenn ich gar nicht erst in Bewegung bin, habe ich auch nichts, das ich Gott anvertraue. Wenn ich komplett aufhöre zu schreiben, nur weil ich an einem Donnerstag nichts gepostet habe, bringt mich das nicht weiter.
Wie also bleibe ich fest im Sattel sitzen?
Es gibt drei Punkte, die ich mir erneut bewusst machen möchte:
- Gott wird mich ans richtige Ziel bringen. Er lässt mich nicht einfach vor die Wand rennen oder eine Schlucht herunterfallen. Er sieht meine Träume und Herzensanliegen. Er sieht meine Motive und weiß, was gut ist. Er kennt das richtige Timing. Darauf darf ich vertrauen. Egal, ob mir Inspiration, Zeit oder Lust fehlt. Das ist mein Fundament, auf dem ich aufbaue. Der bequemste Sattel, in den ich mich setzen kann.
- Ich gebe das, was ich habe. Schritt für Schritt. Nicht mehr und nicht weniger. Simpel, oder? Und doch ist es manchmal so schwer. Menschen sind zu oft versucht, sich zu verausgaben und auszubrennen – oder in Lethargie zu verfallen, aufzugeben und zu resignieren. Keiner dieser beiden Zustände ist gesund. Doch wenn ich Gott Schritt für Schritt das zur Verfügung stelle, was ich jetzt gerade habe (die Zeit, die Kraft, die Ideen), kann er den Rest machen. Dann kann er genau das vollbringen, was das beste ist. Ja, er kann sogar Dinge vollbringen, die ich vorher nicht für möglich gehalten habe.
- Meine Schritte dürfen klein, machbar und konkret sein. Sie dürfen es nicht nur, sie sollten es sogar. Nur so kann ich sicherstellen, dass ich mich nicht selbst überfordere und trotzdem in Bewegung bleibe. Besonders gut tut es mir außerdem, wenn ich diese Schritte mit anderen bespreche. Projekte, die ich gemeinsam mit anderen angehe sind interessanterweise eher selten von meinem Problem, mich selbst unter Druck zu setzen, betroffen. Ich bleibe dabei nämlich nicht nur in meinem eigenen Kopf, sondern erarbeite realistische Ziele gemeinsam mit anderen. Gutes Teamwork ist genial! Und wenn ich etwas allein erreichen möchte, habe ich dennoch ausgewählte „Berater“ an meiner Seite.
Und zu guter Letzt noch einmal: Vorhaben sind okay. Ja, wirklich! Sie können uns fördern und voranbringen. Doch wenn Gott mir leise zuflüstert, dass diese Woche etwas anderes höhere Priorität hat als mein Blog-Beitrag dann ist das schlicht und ergreifend auch okay. Gott möchte, dass ich frei bin und mich von nichts versklaven lasse. Auch – ja besonders – nicht von mir selbst.
Constanze
(Photo by Sean Pollock)