Gestern ist es mir misslungen, einen Platz in der Universitätsbibliothek in unserer Stadt zu finden. Schade! Eigentlich hatte ich mir für den kompletten Nachmittag vorgenommen, so richtig durchzustarten. Ich hatte drei verschiedene „Projekte“ in der Tasche, denen ich mich hätte widmen können – umringt von zahllosen Studenten, die verzweifelt oder mit leerem Blick auf ein Blatt Papier starren, oder (die andere „Sorte“ Student) akribisch auf Karteikarten kritzeln während zwei perfekt sortierte Ordner neben ihnen liegen.
Ich mag dieses Flair. Ich mag diese verschiedenen Menschen mit ihren verschiedenen Studiengängen und verschiedenen Motivationen. Da gibt es die im Hipster-Stil gekleideten mit großen runden Brillen, die sich superlässig in der Cafeteria unterhalten und das Lernen so nebenher noch erledigen, dann die unscheinbaren Stillen, die tief gebeugt über ihren Unterlagen hocken oder die plappernde Dreiergruppe, die das ganze nicht so ernst nimmt und den ein oder anderen in der Nähe sitzenden in den Wahnsinn treibt. Und noch so viele mehr! Ja, das sind alles Klischees, aber mittlerweile kann ich über diese Klischees lächeln. Ich weiß noch, wie ich das erste mal realisierte, dass die Uni-Welt von ihnen durchdrungen ist. Ich fuhr während meines Freiwilligen Sozialen Jahres mit einer Mitfahrgelegenheit und wurde vom Fahrer gefragt, was ich nach meinem FSJ tun würde. Als meine Antwort „Soziale Arbeit studieren“ lautete wurde ich mit hochgezogenen Augenbrauen angeschaut. „Du siehst gar nicht aus wie eine, die Soziale Arbeit studiert.“ Und ich antwortete völlig naiv: „Hä – Wie sieht denn eine aus, die Soziale Arbeit studiert?“ Ich hatte wirklich keine Ahnung. Heute weiß ich genau, was er meinte und kann nur darüber lachen. Ob ich jetzt aussehe wie eine, die Soziale Arbeit studiert hat? Ein wenig vielleicht. Was soll man machen!
Momentan bin ich jedenfalls keine Studentin im „klassischen Sinne“ mehr. Seit einiger Zeit befasse ich mich jedoch mit einem Fernkurs und nun ist auch noch ein richtiges Fernstudium dazugekommen – ich bin also vollkommen auf dem Trichter des selbstständigen, selbstorganisierten Lernens. Dozenten nehmen mich dabei hauptsächlich digital oder auf Papier an die Hand. Und ich liebe es! Seitdem ich festgestellt habe, welche Motivation in mir steckt, wenn ich mir das Gelernte selbst ausgesucht habe, habe ich für das Lernen allgemein so viel mehr übrig als zu Schul- und teilweise auch zu Studiums-Zeiten. Ich weiß immer mehr, was ich beruflich erreichen möchte und kann mich somit immer spezieller damit befassen. Nicht alles führt mich zu einem tollen „Abschluss“, aber alles bringt mich persönlich weiter. Vielleicht studierst du momentan gar nicht, aber probierst dennoch, dir irgend eine Sache (Sprache, Instrument, Zeichnen, Wissen in einem bestimmten Bereich…) anzueignen. All das ist Lernen! Und ich halte es für wichtig davon wegzukommen
, nur das als Bildung zu bezeichnen, was zu einem anerkannten, „tollen“ Abschluss führt.
Das selbstständige, freiwillige Lernen ist jedoch nicht nur Zuckerschlecken. Es erfordert Disziplin und die ein oder andere Rahmenbedingung, auf die man manchmal nur begrenzt Einfluss hat. Ich möchte ein paar Tipps mit euch teilen, die ich mir selbst in Zukunft immer wieder bewusst machen muss und umsetzen möchte. Es sind nur ein paar Ausgewählte, die mir in den letzten Wochen wichtig geworden sind. Völlig herausgelassen habe ich beispielsweise das Thema Zeitplanung (Dabei hilft mir zum Beispiel mein Bullet Journal). Schreibt mir gern eure Ergänzungen und Erfahrungen!
1.) Schaffe einen Arbeitsplatz, der deine Konzentration auf das zu Lernende lenkt.
Jeder Mensch hat ein anderes Verhältnis zu Unordnung. Allein schon wenn ich den Arbeitsplatz meines Mannes mit meinem vergleiche wird das deutlich. Mein Mann braucht ganz viel Platz um sich auszubreiten und Unmengen an Papierstapeln zu errichten. Wenn dieser Papierkram eine Weile liegen bleibt, macht ihm das nichts aus. Irgendwann startet er eine große Aufräumaktion und das ganze geht von vorn los. Ich dagegen ticke ganz anders. Dort, wo ich lerne, muss ich das Gefühl haben, dass äußerlich „Ruhe“ herrscht, damit ich auch zu innerlicher Ruhe gelangen kann. Es fällt mir schwer, auf der Couch im Wohnzimmer zu lernen, wenn mich darum herum die Unordnung ablenkt oder in der Küche, wenn womöglich noch dreckiges Geschirr herumsteht. Ich bin froh, meinen eigenen Schreibtisch zu haben – in einem Zimmer, in dem sonst nicht viel ist. Bevor ich anfange zu lernen, muss ich diesen Schreibtisch unter Umständen erst aufräumen, damit ich meine volle Konzentration auf meine Unterlagen lenken kann.
Nimm dir die Zeit, deinen Arbeitsplatz so vorzubereiten, wie du es brauchst! Vielleicht musst du auch ein paar Bilder entfernen oder eine Kerze anzünden. Auch Faktoren wie Musik, Temperatur und Licht solltest du bedenken und im Vorhinein richtig einstellen. Ich hab mir zum Beispiel lange Zeit eingebildet, dass mir ein wenig leise Musik im Hintergrund helfen würde, um gut gelaunt und konzentriert bei der Sache zu bleiben. Ich hatte irgendwie Angst vor der Stille: Nur ich und das nervige Lernmaterial. Das lag aber lediglich an genau diesem Lernmaterial…
2.) Wechsle den Lernort. Finde heraus, was die optimalen Lernumgebung für dich ist.
Ja, ich mag meinen Schreibtisch, meinen eigenen Arbeitsplatz. Doch schon zu Studiums-Zeiten habe ich gemerkt, dass ich früher oder später innerlich „eingehe“, wenn ich beim Lernen ganz allein bin – eine interessante Beobachtung, wenn ich bedenke, dass ich nicht gern gestört werde und äußerliche Ruhe brauche. Und das trifft auch nach wie vor zu! Ich bin ein großer Befürworter des „Zusammen allein sein’s“ oder, wie meine Freundin und ich es nennen, des „Co-Existierens“. Es bedeutet schlicht, dass mehrere Leute sich in einem Raum oder in einer Wohnung aufhalten, jedoch alle konzentriert an ihrer eigenen Sache arbeiten. Es ist unglaublich, was für einen Motivations-Schub mir das gibt! Das ist auch der Grund, warum ich gern in die Bibliothek gehe. Dort herrscht eine Stimmung des Arbeitens und der Konzentration (zumindest meistens). Ebenso mag ich es, wenn mein Mann und ich zu Hause beide an unserem jeweiligen Schreibtisch sitzen und die Türen offen lassen, als Zeichen der Verbundenheit „im Leid“ sozusagen. Wenn man gemeinsam mit anderen arbeitet, besteht außerdem die Möglichkeit, sich in festgelegten Pausen gegenseitig abzufragen und sich das Gelernte zu erzählen.
Es wichtig, Leute zu finden, mit denen das auch wirklich funktioniert. Nicht jeder lässt sich dabei nicht ablenken. Und vielleicht tickst du auch selbst eher so, dich lieber im stillen Kämmerlein einschließen zu wollen. Finde die optimale Lernumgebung für dich!
Ich benötige außerdem einen regelmäßigen Ortswechsel. Gestern wechselte ich stündlich vom Café, in die Uni-Mensa, ins Uni-Gebäude. Das kann ich natürlich nicht immer so machen und ich war dadurch auch einigen Ablenkungen ausgesetzt. Doch manchmal hilft mir der Ortswechsel
, um in Schwung zu bleiben – vor allem, wenn ich an verschiedenen Dingen arbeite und den Lern/Arbeitsbereich mit jedem Ort wechseln kann. Meistens bedeutet es für mich jedoch, dass ich den einen Tag zu Hause arbeite und den anderen in der Bibliothek. (Momentan jedoch eher weniger – Es ist Prüfungszeit und die Bibliothek platzt bald!)
3.) Mach mehr Pausen!
In meiner Studiums-Zeit habe ich während der Prüfungszeiten immer gedacht, dass ich so lang wie möglich am Stück arbeiten muss. In dieser Zeit hatte ich schließlich keine Vorlesungen und konnte komplette Tage nutzen. Kennst du das? Du hast den ganzen Tag frei vor dir und am Ende kommen nur wenige Stunden effektive Arbeit dabei heraus? In den allermeisten Fällen liegt das daran, dass wir uns unrealistische Ziele setzen und uns keine Pausen gönnen. Pausen steigern jedoch unsere Effektivität! Vor kurzem habe ich noch einmal gelesen, dass man sich nach je 45 Minuten Lernzeit eine Lernpause von etwa 5-10 Minuten gönnen soll. Früher habe ich gedacht: So ein Quatsch, 10 Minuten Pause, das bringt mir ja gar nichts! Damit lag ich vollkommen falsch. Genau diese 5-10 Minuten bewirken nämlich, dass ich in der nächsten Stunde noch einmal sehr viel effektiver sein kann. Sie ist lang genug, um aufzustehen, eine Runde zu laufen oder kurz einen Snack zu essen und kurz genug, um gedanklich nicht völlig aus der Thematik herauszukommen. Am Sinnvollsten ist es, diese Pause am Schluss eines Kapitels/eines Abschnitts zu machen. Ich habe mir außerdem vorgenommen, das Gelernte an diesen Stellen noch einmal schriftlich zusammenzufassen.
4.) Finde heraus, was für ein Lerntyp du bist und setze es in die Praxis um.
Visueller Lerntyp, auditiver Lerntyp… Das habt ihr sicherlich auch schon mal gehört. Es gibt verschiedene Wege, auf denen wir uns Dinge aneignen können: Hören, lesen, sehen, sprechen, praktisch umsetzen… Ich hab das früher immer ignoriert und gedacht: Ach, ich setz mich einfach mit meinem Hefter hin und starr so lange darauf, bis ich den Inhalt im Gehirn hab. Manchmal, wenn ich mich mit aller Willenskraft durchrang, habe ich mich auch abfragen lassen, aber das war schon das Höchste der Gefühle. Im Studium habe ich schließlich angefangen, mir Dinge herauszuschreiben und teilweise mit Karteikarten zu lernen – allerdings auch eher halbherzig. Da hatte ich jedoch unbewusst erkannt, was ich mittlerweile mit ziemlich hoher Sicherheit weiß: Ich bin zu großen Teilen ein visueller Lerntyp und am besten merke ich mir etwas, wenn ich es selbst auf irgendeine Art und Weise auf Papier zusammengefasst habe und vor mir sehen kann. In der Schule habe ich es gehasst, Mind Maps erstellen zu müssen – zu irgendwelchen Themen, die mich gar nicht interessierten. Später stellte ich jedoch fest, dass ich hin und wieder ganz freiwillig eine Mind Map zur eigenen Entscheidungsfindung auf ein Papier kritzelte (z.B. zur Berufsfindung oder Studiumswahl). Mein Gehirn denkt oft in Schemen und Zusammenhängen, eher nicht in logisch aneinander gereihten Fakten. Das muss ich mir zunutze machen!
Am effektivsten lerne ich jedoch, wenn ich mir mehrere Lernkanäle zunutze mache und versuche, mir andere Techniken anzueignen. Ich mag es zum Beispiel gar nicht, mündlich das Gelernte aufzusagen, erst recht nicht vor anderen. Doch wenn ich es tue, bleibt eindeutig mehr hängen. Auch über das Hören lerne ich nicht so viel, wie ich mir manchmal wünschen würde, aber es ist eine gute Ergänzung für mich.
So, und nun bin ich gespannt: Wie lernt ihr am besten? Welche Tipps helfen euch, diszipliniert dran zu bleiben? Schreibt es mir gern in die Kommentare!
Constanze
(Photo by Jamie Taylor)